Notwehr – Nothilfe – ect.

Bei der Notwehr handelt es sich im deutschen Straf- und Privatrecht um die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Er ist geregelt in § 32 des Strafgesetzbuchs (StGB), § 227 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und § 15 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Notwehr kann zum Schutz eigener und fremder Individualrechtsgüter ausgeübt werden, etwa Leib, Leben und Eigentum. Dem Notwehrrecht liegt das Rechtsbewährungsprinzip zugrunde.

Es gestattet die Verletzung von Rechtsgütern des Angreifers und verpflichtet diesen zu dessen Duldung. Daher stellt eine durch Notwehr gerechtfertigte Handlung kein Unrecht dar. Das Notwehrrecht zeichnet sich im Vergleich zu anderen Rechtfertigungsgründen dadurch aus, dass es dem Handelnden besonders weitreichende Eingriffsbefugnisse vermittelt. ,

Entstehungsgeschichte

Das Notwehrrecht leitet sich von alters her ab aus dem römischen Rechtsgrundsatz Vim vi repellere licet[1] (lat., dt. Gewalt darf mit Gewalt erwidert werden). Im modernen Sprachgebrauch wird oft die Grundsatzformel „Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen“ (auch Rechtsbewährungsprinzip genannt) gebraucht. Damit soll einerseits das Notwehrrecht überhaupt begründet werden. Es ist aber auch bereits ein erster Grundsatz festgehalten: Es ist einem Angegriffenen grundsätzlich gestattet, sich mit Gewalt zu wehren, auch wenn ihm eine Flucht als „mildestes Mittel“ der „Notwehr“ möglich wäre; er kann sich also wehren und braucht nicht zu weichen. Ein Blick in die Historie zeigt, dass das Recht auf Notwehr nicht zu jeder Zeit selbstverständlich war. Einer der einschneidendsten, am intensivsten untersuchten und dokumentierten Fälle von Notwehr mit tödlichem Ausgang für den Angreifer ereignete sich 1805 im damaligen Schlesien: Ein einschlägig bekannter und dem Strafvollzug zuvor entflohener Räuber namens Exner starb beim versuchten Einbruch in eine einsam gelegene Mühle durch einen Messerstich des anwesenden Müllers. Das allgemeine preußische Landrecht enthielt infolge des geistigen wie juristischen Absolutismus des preußischen Obrigkeitsstaates keine klaren Festlegungen über das Recht auf Notwehr. Im Deutschland jener Zeit war die Anerkennung der Notwehr in den meisten Fällen ganz in das Ermessen der verhandelnden Richter oder in die Gnade der jeweiligen Landesherren gelegt. Daher musste in einem langwierigen Prozess geklärt werden, inwieweit in diesem besonderen Einzelfall das Recht auf Notwehr angewandt werden konnte. Der nachfolgende Prozess um den Tod des Räubers Exner führte nach längerer Dauer unter dem Druck der Öffentlichkeit und der äußeren Verhältnisse (vor allem der Französischen Revolution) eine intensive, kontrovers geführte Diskussion unter den führenden Rechtsgelehrten der Zeit herbei, die schließlich in die noch heute gültige Formulierung der Notwehr im deutschen Recht mündete. Dieser Fall war so bedeutend und hatte schon seinerzeit so weitreichende Konsequenzen, dass er bereits in den „Neuen Pitaval“ Aufnahme fand. Die Befürworter eines verbrieften Rechtes auf Notwehr verwiesen auf die Abwesenheit der Obrigkeit in Notwehrfällen und postulierten die noch heute gültigen bürgerlichen Rechte und Regularien. Die Gegner betonten die Möglichkeit des Missbrauchs und die Verletzung des staatlichen Gewaltmonopols. Die Diskussion darüber dauerte bis in die jüngste Zeit an. Die Definition des Notwehrexzesses und dessen zeitweilige Strafbewehrung sind Beleg dafür. Das Notwehrrecht des § 32 StGB beruht auf § 41 des preußischen Strafgesetzbuchs von 1851. Diese Norm wurde ohne inhaltliche Änderungen in § 53 des Reichsstrafgesetzbuchs von 1872 überführt. Sie enthielt neben dem Rechtfertigungsgrund der Notwehr eine strafbefreiende Regelung zum Notwehrexzess. Durch das Strafrechtsreformgesetz wurde die in § 53 StGB enthaltene Notwehrregelung durch § 32 StGB abgelöst. Der Notwehrexzess ist seitdem in § 33 StGB geregelt

Funktion des Notwehrrechts

Gemäß § 32 Absatz 1 StGB ist eine Straftat nicht rechtswidrig, wenn sie in Ausübung des Notwehrrechts begangen wird. Das Notwehrrecht stellt damit einen Rechtfertigungsgrund für Eingriffe in die Rechtsgüter des Angreifers dar. Daher macht sich eine Person nicht strafbar, die ein fremdes Rechtsgut in Ausübung ihres Notwehrrechts verletzt. Ein Notwehrrecht ist ebenfalls in § 227 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) normiert. Von Bedeutung ist es für das Zivilrecht: Verletzt jemand ein fremdes Rechtsgut und ist hierbei nach § 227 BGB gerechtfertigt, begeht er keine rechtswidrige Rechtsgutsverletzung, weshalb er dem Angreifer nicht aus Deliktsrecht zum Schadensersatz verpflichtet ist. Ein weiteres Notwehrrecht mit Bedeutung für das Ordnungswidrigkeitenrecht ist in § 15 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) normiert.[3] Grundsätzlich darf sich der Angegriffene auf jede in Frage kommende Weise verteidigen. Hierdurch zeichnet sich das Notwehrrecht durch eine im Vergleich zu anderen Rechtfertigungsgründen besonders große Eingriffsbefugnis aus. Beschränkt wird das Notwehrrecht durch die Kriterien der Erforderlichkeit und der Gebotenheit der Notwehrhandlung. Zudem darf derjenige, der in Notwehr handelt, lediglich Rechtsgüter seines Angreifers verletzen.[4] Das Notwehrrecht schützt nach in der Rechtswissenschaft vorherrschender Auffassung sowohl Individual- als auch Allgemeininteressen, deren Kombination die Eingriffsreichweite des Rechts begründet: Zum einen dient das Notwehrrecht dem Schutz des angegriffenen Rechtsguts. Zum anderen dient sie der Durchsetzung der Rechtsordnung.[5][6] Nach einer abweichenden Auffassung dient das Notwehrrecht hingegen allein dem Schutz von Individualinteresse

Voraussetzungen der Notwehr nach § 32

  • (1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.     
  • (2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen  rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.  StGB Notwehrlage
  • Das Notwehrrecht setzt gemäß § 32 Absatz 2 StGB voraus, dass eine Notwehrlage vorliegt. Hierbei handelt es sich um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff auf ein notwehrfähiges Gut.[8]

Angriff auf ein Rechtsgut

Bei einem Angriff handelt es sich um die Bedrohung eines rechtlich geschützten Guts oder Interesses durch willensgetragenes menschliches Verhalten.[9] Der Angriff kann sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig erfolgen. Eine vorsätzliche Bedrohung von Leib und Leben liegt etwa vor, wenn der Angreifer dazu ansetzt, sein Opfer mit einer Waffe zu erschießen. Das unberechtigte Anfertigen einer Fotoaufnahme stellt einen Angriff auf das Recht am eigenen Bild dar.[10] Das Anrauchen einer Person kann einen Angriff auf deren Ehre und Gesundheit darstellen.[11] Fällt ein Tier einen Menschen an, stellt dies einen Angriff dar, wenn das Tier durch einen Menschen zur Attacke aufgehetzt wird. Auch in einem Unterlassen kann ein Angriff liegen. Unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, ist in der Rechtswissenschaft allerdings im Einzelnen umstritten. Nach den unterschiedlichen Ansichten stellt es jedenfalls dann einen Angriff dar, wenn der Täter als Garant verpflichtet ist, einen Erfolgseintritt abzuwenden.[12][13] § 32 StGB erfasst lediglich solche Bedrohungen, die sich gegen Individualrechtsgüter richten. Als solche kommen insbesondere Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit und Eigentum in Frage. Sofern ein Individualrechtsgut dem Staat zugeordnet ist, beurteilt sich seine Notwehrfähigkeit nach der Art der Zuordnung: Besitzt der Staat ein Rechtsgut als Fiskus, ist es nach den allgemeinen Regeln des § 32 StGB notwehrfähig. Dies trifft etwa auf Eigentum der öffentlichen Hand zu. Ist ein Gut dem Staat allerdings in seiner hoheitlichen Funktion zugeordnet, ist es nur dann nach § 32 StGB notwehrfähig, wenn es für diesen von grundlegender Bedeutung ist und dieser es nicht selbst schützen kann.[14][15] Von vornherein nicht notwehrfähig sind schließlich Rechtsgüter der Allgemeinheit, etwa die Sicherheit im Straßenverkehr und die öffentliche Ordnung.[16] Kein Angriff liegt vor, wenn das bedrohte Gut lediglich in einem rechtsförmigen Verfahren geschützt ist. Daher liegt beispielsweise kein Angriff auf die Rechtsstellung eines Vermieters vor, wenn sich der Mieter nach Beendigung des Mietvertrags weigert, eine Wohnung zu räumen.[17] In einem solchen Fall muss der Vermieter einen Räumungstitel in einem Gerichtsverfahren erwirken. Als Rechtfertigungsgrund kommt allerdings anstelle des Notwehrrechts eine zivilrechtliche Selbsthilfe in Frage. Bei der Abwendung von Angriffen auf Rechtsgüter eines Anderen spricht man von Nothilfe (auch Notwehrhilfe).[18] Deren Zulässigkeitsvoraussetzungen entsprechen grundsätzlich denen der Notwehr.[19] Steht das angegriffene Rechtsgut allerdings zur Disposition seines Inhabers, scheidet eine Rechtfertigung durch Nothilfe wegen ihrer zumindest teilweise individualschützenden Zweckrichtung aus, wenn der Betroffene den Angriff dulden will.[20] An der Disponibilität fehlt es beim Rechtsgut Leben. Umstritten ist in der Rechtswissenschaft, ob und in welchem Umfang eine staatliche Nothilfe zu Gunsten eines Beteiligten möglich ist. Als problematisch erweist sich, dass durch die Anwendung des § 32 StGB eine Umgehung der gefahrenabwehrrechtlichen Eingriffsermächtigungen mit ihren spezifischen Voraussetzungen droht. Nach überwiegender Auffassung räumt § 32 StGB allerdings auch Hoheitsträgern ein Recht zur Nothilfe ein, da dies den Schutz des angegriffenen Rechtsguts verbessert. Die Vereinbarkeit mit gefahrenabwehrrechtlichen Vorschriften stehe losgelöst daneben.

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Quelle: Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/notwehr_(Deutschland)